Was ist ein Robo Advisor?
Unter dem Begriff «Fintech» wird derzeit viel über technologische Innovation und neue Geschäftsmodelle im Finanzbereich diskutiert. Die Idee ist, Technologie zu nutzen, um dadurch neue, bessere oder kostengünstigere Finanzdienstleistungen anzubieten als zuvor. Durch den Robo Advisor ist diese Entwicklung auch bei der Vermögensverwaltung angekommen.
Unter einem Robo Advisor versteht man üblicherweise eine automatisierte Online-Vermögensverwaltung. Zu Beginn einer Kundenbeziehung beantworten die Anleger einige Fragen zu Anlagezielen, finanzieller Situation und dem Umgang mit Risiko. Basierend auf diesem Kundenprofil wird dann automatisiert eine Anlagestrategie festgelegt und in passende Wertpapiere investiert.
So kann man bei seiner Geldanlage entweder auf Mensch oder Maschine setzen, in dem man die Dienste von einem menschlichen Vermögensverwalter oder von einem Robo Advisor in Anspruch nimmt. Doch was ist besser? Welche Eigenschaften sind mit den beiden Alternativen verbunden?
Im Folgenden gehen wir auf die einzelnen Argumente ein, bevor wir dann die Vorteile und Nachteile von Robo Advisorn gegenüberstellen und dann abschliessend kritisch würdigen.
Welche Argumente werden verwendet?
Ein Robo Advisor macht keine Fehler.
Die Idee ist, dass man die menschliche Fehlerquelle ausschliesst, in dem man einen Robo Advisor nutzt. Ein Beispiel hierfür sind Flüchtigkeitsfehler. Ein menschlicher Vermögensverwalter könnte sich bei der Eingabe von Wertpapierkäufen vertippen und dadurch z.B. eine falsche Aktie kaufen oder weniger oder mehr kaufen, als geplant war. Ein Robo Advisor vertippt sich nicht, somit ist dies sicherlich ein Vorteil.
Das menschliche Fehlerrisiko ist jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen, da der Robo Advisor ja nichts anderes als ein Computer-Programm ist, dass von einem Menschen programmiert wurde. Wenn somit bei der Programmierung etwas schiefgelaufen ist, dann besteht das Risiko, dass man jetzt einen systematischen, somit wiederkehrenden Fehler beim Robo Advisor hat.
Der Robo Advisor nutzt anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Portfoliotheorie.
Ein menschlicher Vermögensverwalter wird dies vermutlich auch tun. Der Unterschied liegt jedoch darin, dass ein Mensch diese Prinzipien flexibler auslegt, als ein strikt programmierter Robo Advisor und so z.B. auf besondere Marktsituationen eingehen kann.
Ein anerkannter Anlagegrundsatz ist z.B., dass es Sinn macht, seine Finanzanlagen in Aktien und Obligationen aufzuteilen, um eine gewisse Risikovermischung zu erreichen. Ein Robo Advisor wird diesen Grundsatz somit strikt umsetzen.
Derzeit sind die Zinsen jedoch sehr niedrig oder sogar negativ. Nach Abzug von Verwaltungsgebühr und Stempelsteuern ist die erwartete Rendite bei Obligationen häufig negativ. D.h. man erwartet, dass man Geld verliert. Ein Robo Advisor wird ein solches Investment trotzdem tätigen, weil er so programmiert wurde. Ein Mensch zieht jedoch vor, das Geld einfach ohne Verzinsung auf ein Konto zu legen, da eine Verzinsung von Null immer noch besser ist, als Geld zu verlieren.
Ein Robo Advisor lässt sich nicht von Emotionen leiten.
Die Verbindung zwischen Emotionen und Vermögensverwaltung liegt darin, dass Menschen sich häufig von Emotionen leiten lassen und dadurch in einer Art und Weise investieren, die zu einem finanziellen Nachteil führt.
Als Beispiel kann man das Herdenverhalten anführen. Hierunter versteht man, dass eine Einzelperson dazu neigt, dass zu machen, was eine grosse Gruppe von Menschen (die Herde) bereits macht. Ein Beispiel hierfür könnten derzeit die Käufe von Bitcoins oder anderen Kryptowährungen sein. Das Thema Bitcoin steht überall in den Medien, viele Leute kaufen Bitcoins (daher steigt der Bitcoin-Preis ja) und daher überlegt man jetzt auch, Bitcoins zu kaufen. Beim Kauf fühlt man sich bestätigt, dass man das Richtige macht, weil es die vielen anderen Menschen ja auch machen. Der Gedanke ist «Die können ja nicht alle falsch liegen oder?»
Vielleicht macht es ökonomisch jedoch überhaupt keinen Sinn, dass der Preis eines Bitcoins weiter steigt. Man kauft jedoch trotzdem, weil man sich von der Herde mitreissen lässt. Ein Robo Advisor hat keine Emotionen, daher ist er immun gegen Herdenverhalten (sofern dies nicht irgendwie einprogrammiert wurde).
Der Robo Advisor ist kostengünstiger.
Ob dies zutrifft, lässt sich sehr einfach herausfinden. Man vergleicht einfach die Kosten zwischen dem Robo Advisor und dem Vermögensverwalter.
Die Grundidee ist, dass Robo Advisors günstiger sind, da man sie «nur einmal richtig programmieren muss» und ab dann nur noch wenig Personal beschäftigen muss und man sich diese Kosten somit spart. Allerdings ist es erstmal sehr kosten- und zeitaufwendig, einen Robo Advisor zu programmieren. Daher braucht man viele Kunden, bis sich das Konzept rechnet und man wirklich Kostenvorteile generiert und dann auch an die Kunden weitergeben kann.
Der Robo Advisor passt sich der jeweiligen Kundensituation an.
Grundsätzlich kann man einem Robo Advisor vermitteln, ob man eher in riskantere Anlagen investieren will oder nicht, ob man eher kurzfristiger oder langfristiger anlegen will. Häufig sind Robo Advisors jedoch eine Art Standardprodukt mit nur wenigen Einstellungsmöglichkeiten. Wenn Sie einen besonderen Wunsch haben, wie zum Beispiel Aktien von einem bestimmten Unternehmen auszuschliessen, weil Sie mit den Geschäftspraktiken nicht zufrieden sind, werden Sie diese Option bei einem Robo Advisor nicht finden. Ein Vermögensverwalter bietet hier mehr Flexibilität.
Die menschliche Komponente fehlt beim Robo Advisor.
Jawohl, diese Komponente fehlt. Das kann sowohl Vorteil als auch Nachteil sein und hängt sehr stark vom jeweiligen Kunden ab. Will man auf jeden Fall einen persönlichen Kontakt haben oder lieber alles vollautomatisch ohne irgendeinen menschlichen Kontakt regeln? Zudem kann ein menschlicher Vermögensverwalter auch noch Auskünfte / Informationen rund um das Geldanlegen geben. Z.B. Wie funktioniert das mit der Besteuerung? Wie sinnvoll ist es, über die 3a Säule fürs Alter vorzusorgen? Ein Robo Advisor kann nur das tun und darüber informieren, wofür er programmiert wurde.
Hier nochmal alle angesprochenen Argumente im Überblick:
Mensch als Vermögensverwalter
- Pro/Kontra: Macht weniger systematische Fehler als der Robo Advisor, dafür mehr Flüchtigkeitsfehler.
- Pro: Kann die Anlagen besser auf das jeweils vorherrschende Finanzmarktumfeld einstellen.
- Kontra: Lässt sich stärker von Emotionen leiten.
- Kontra: Teurer als ein Robo Advisor.
- Pro: Kann individuelle Kundenbedürfnisse besser umsetzen.
- Pro/Kontra: Die menschliche Komponente fehlt.
Robo-Advisor als Vermögensverwalter
- Pro/Kontra: Ist anfälliger für systematische Fehler als der Vermögensverwalter, dafür werden Flüchtigkeitsfehler ausgeschlossen.
- Kontra: Kann die Anlagen nicht so passend an das jeweils vorherrschende Finanzmarktumfeld einstellen.
- Pro: Lässt sich nicht von Emotionen leiten.
- Pro: Günstiger als ein menschliches Pendant.
- Kontra: Kann individuelle Kundenbedürfnisse nicht so gut umsetzen.
- Pro/Kontra: Die menschliche Komponente fehlt.
Fazit:
Wie so häufig bei einem Vergleich, lässt sich nicht eindeutig sagen, welche Variante der Vermögensverwaltung besser ist. Letztlich ist es eine Entscheidung, die der Kunde selbst treffen muss. Einige Argumente Pro und Kontra sind oben aufgeführt, jedoch wird jeder, der sich zwischen Mensch und Maschine entscheiden muss, einzelne Argumente mehr oder weniger gewichten, so dass letzten Endes nur eine persönliche Entscheidung getroffen werden kann.